XS 650 ist die erste Motorradbaureihe mit Viertaktmotor von Yamaha. Motorradtypen dieser Baureihe wurden in verschiedenen Serien von 1969 bis 1984 gebaut.
Modellgeschichte
Das erste Modell der Baureihe Yamaha XS 650 wurde vom 24. Oktober bis zum 6. November 1969 auf der Tokyo Motor Show mit dem Typ XS 1 von Yamaha vorgestellt. Der Verkauf und die Modelleigenschaften blieben enttäuschend; von dem ersten Typ wurden insgesamt 6586 Stück hergestellt; der Folgetyp XS 2 erreichte 18.283 Einheiten. Der Verkauf der XS 2 in Deutschland für 1971 betrug 153 und für 1972 nur 192 Motorräder. Daraufhin nahm die Mitsui Maschinen GmbH (Yamaha-Deutschland) die Maschinen (XS 2) vom deutschen Markt; im Ausland wurde die veränderte XS2 unter der Bezeichnung TX 650/TX 650 A weiter verkauft. Als Zwischenlösung wurde die Yamaha TX 750 angeboten. Nach grundlegenden Überarbeitungen wurde die XS650-Serie ab Einführung der 2. Generation (Modelljahr 1974/1975 mit XS 650 (B)) erfolgreich vertrieben. Ab 1977 wurden zusätzlich Chopper-Modelle angeboten, die durch den Zusatz „Special“ gekennzeichnet waren. 1978 wurden die ersten 97 Exemplare (XS 650 Special) von dem französischen Importeur Sonauto per Luftfracht importiert. Nicht alle Versionen gelangten in Deutschland offiziell zur Auslieferung. Es kamen allerdings etliche andere Importe nach Deutschland. Die letzten Modelle wurden 1983 produziert und waren teilweise bis 1987 als Neufahrzeuge erhältlich.
Rahmenentwicklung
Der Rahmen der Baureihe XS 650 war von Anfang an ein Doppelschleifenrahmen, in den der Motor als versteifendes Element eingebaut ist. Die Eigenschaften des XS1-Rahmens verbesserte Yamaha in intensiver Modellpflege durch den Briten Percy Tait (zuvor Entwicklungs- und Rennabteilung von Triumph) und Projekte wie die Yamaha XS 650 NVT Special (Norton Villiers Triumph).
Für einige Umbauten auf Basis der XS 650 wurden Sonderrahmen gefertigt. Quellen waren unter anderem AME Chopper Products, Wasp (Enduro-Gespanne), Fiedler (Chopper-Rahmen) und weitere Sonderanfertigungen. Der Grundrahmen der XS 650 wurde international für den Gespannbetrieb im Rennsport und im Straßenbetrieb verwendet. Kenny Roberts sr. wurde 1973 und 1974 Dirt-Track-Weltmeister auf Yamaha XS mit Shell-Fahrgestell und spanischer 35-mm-Betor-Gabel. Nach der ABE-Nr. 9623 des Kraftfahrtechnischen Bundesamtes vom 20. Mai 1975 wurde keine Eignung zum Gespannbetrieb gegeben. Die entsprechende ABE wurde zum 8. Juli 1985 gelöscht. Es sind mehrere andere Gutachten bekannt.
Die Rahmen der Baureihe wurden mehrfach geändert und mit Einführung der zweiten Generation grundsätzlich verstärkt. Bis zum Ende der Produktion mit dem Code 447 differierten die „Europa“-Rahmen zu den anderen Rahmen. Die europäischen Rahmen hatten ein zusätzliches Querrohr und Rahmenverstärkungen zwischen den beiden Unterzügen vor dem Motorblock. Auffällig sind die Änderungen der Maße der Lenkgeometrie.
Motor- und Getriebeentwicklung
Die Grundkonzeption des Motors ist ein Viertaktmotor mit gleichläufigem Parallel-Twin, der im Ursprung Ähnlichkeiten mit den Entwicklungen von Horex erkennen lässt, die allerdings Ludy E. Beumer, Yamaha Motor Europe N.V. bestritt. Die Verwandtschaft des Motors geht auf einen seinerzeit neuartigen Nockenwellentrieb von Hermann Reeb (Horex Columbus) zurück (Siehe Patentinformation Nr. DE-893875). Zunächst wurde der Motor für die Horex Imperator 500 entwickelt, kam aber nur verkleinert bei der Horex Imperator 400 zum Einsatz in der Serie. Die Firma Hosk in Japan baute daraufhin diese Motoren in Lizenz. Hosk wurde von Showa übernommen und der Motor zu einer Version mit 650 cm³ weiterentwickelt. Später wurde Showa von Yamaha übernommen und so stand dieser Motor als Basis für die Modellbaureihe XS650 zur Verfügung. (Yamaha folgte bei diesem Vorgehen dem Schema, mit dem Kawasaki erfolgreich die Kawasaki-Motorräder der W-Serie eingeführt hatte. Der von Kawasaki übernommene Hersteller Meguro fertigte in Lizenz Parallel-Twin-Motoren des britischen Motorradherstellers BSA.). Weiteres Entwicklungsziel war die Verwendung von Technologien, die durch den von Yamaha entwickelten Motor des Toyota 2000 GT zur Verfügung standen. Von 1989 bis 2002 baute Yamaha für die Modelle Yamaha TRX (850 und 900 cm³), Yamaha TDM (850 und 900 cm³) und Yamaha XTZ 750 weitere Motoren mit Parallel-Twin. Seit 2006 setzen Rotax und BMW mit dem Motor BMW F 800 eine weiterentwickelte Version eines Parallel-Twins ein.
Besonderes Merkmal des Motor-/Getriebeblocks war damals die Einführung der horizontal geteilten Baugruppen. Bis dahin war bei diesen Motoren ein vertikal geteiltes Gehäuse üblich. Gründe für die horizontale Teilung waren die vereinfachte Produktion und weniger Ölverlust. Die erste grundlegende Veränderung am Getriebe und dem Gehäuse kam mit der Einführung des Elektrostarters. Die Kupplung wurde mehrfach modifiziert, um dem Drehmoment angepasst zu werden. Ebenso wurden für den Einsatz mit leistungsgesteigerten Motoren weitere verstärkte Bauteile angeboten. Aus dem Bereich des Motorsports sind Motoren dieser Baureihe bis 1000 cm³ bekannt. (Sieg in der europäischen Cross-Gepann-Meisterschaft 1975 durch Ton van Heugten mit XS 650)
Die im Motorblock integrierte Lichtmaschine war konstruktionsbedingt den Schwingungen der Kurbelwelle ausgesetzt. Die Leistung der Lichtmaschine wurde mehrfach gesteigert:
- XS 1: 14,5 V/9 A/2000/min
- 650 E: 14 V/11 A/2000/min
- 650 SK: 14 V/16 A/5000/min
Die Leistung, die Ersatzteilkosten und die Haltbarkeit der Lichtmaschine waren häufig Kritikpunkt. Daher wurden mehrere werksunabhängige Lösungen durch Besitzer dieser Maschinen entwickelt.
Vergaservarianten
Bereits das erste Modell XS 1 wurde mit zwei Mikuni-BS-38-Vergasern ausgestattet. Die Entwicklung dieser Unterdruckvergaser geht auf eine Lizenzfertigung von Solexvergasern zurück. Mit der Einführung der Soft-Chopper wurden teilweise kleinere Vergaser vom Typ Mikuni BS 34 eingebaut. Diese Vergaser waren im Lauf der Entwicklung zahlreichen Änderungen unterworfen und wurden in der Regel zu einer Zweiergruppe verschraubt. Für spätere Modellversionen, die über einen unterdruckbetätigten Benzinhahn verfügten, wurde im Ansaugflansch ein Anschluss integriert.
Zündung
Die meisten Modelle wurden mit zwei Unterbrecherkontakten (spart den Zündverteiler) für die Batteriezündung und einer mechanischen (fliehkraftgeregelten) Zündzeitpunktverstellung ausgeliefert. Spätere Modelle wie beispielsweise die XS 650 G Special (Code 3G0) verfügen über eine elektronische Zündanlage. Des Weiteren wurden im Zubehörhandel lichtschrankengesteuerte, elektronische Zündungen (Typ Piranha) angeboten, die gemeinsam mit der mechanischen Zündverstellung genutzt wurden. Ebenfalls häufig wurde eine Umrüstung auf die elektronische Boyer-Zündung vorgenommen, die keine mechanischen Komponenten zur Zündverstellung brauchte.
Modellhistorie
Die Modellhistorie dieser Baureihe ist von umfangreicher Modellpflege und etlichen Ländervarianten geprägt. Es wurden bei Motor, Rahmen und sonstiger Ausstattung im Laufe der Zeit grundlegende Änderungen vollzogen. Einen Überblick dazu gibt die nachfolgende Tabelle der Modellserien, die jedoch nur einige Änderungsdetails wiedergibt. Ab der Einführung der zweiten Generation wurde ein von Tait modifizierter (verstärkter) Rahmen mit den Fahrwerksmaßen Lenkkopf/Nachlauf: 27°/115 mm, Radstand: 1435 mm (später ab Modelljahr 77/78 Lenkkopf/Nachlauf: 27° 45'/119 mm verwendet). Weitere Abweichungen dazu sind jeweils in der Tabelle aufgeführt. Der Zusatz „S“ kennzeichnet jeweils Modelle mit Leichtmetallgussfelgen. Die folgenden Daten sind Auszüge aus der in den Weblinks aufgeführten Modellübersicht.
Patent-Informationen
- Patent DE893875: Nockenwellenantrieb fuer zwei- oder mehrzylindrige, luftgekuehlte Brennkraftmaschinen fuer Motorraeder. Veröffentlicht am 19. Oktober 1953, Anmelder: Horex Columbus Werk, Erfinder: Hermann Reeb.
Literatur
- Das Motorrad: Fahrbericht Yamaha XS650, Heft 10/75 vom 17. Mai 1975, Motor-Presse-Verlag Stuttgart
- Dieter Langbein: Yamaha XS 650 – Technik, Typen, Tuning, Tricks und Tipps.- 2. Auflage, Text-&-Technik-Verlag, Weissach 2008, ISBN 978-3-932563-09-6.
- Joachim Kuch, Jürgen Gaßebner: Yamaha. Motorräder seit 1955. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 978-3-613-02280-5, Seiten 124–125.
Weblinks
- Yamaha XS650 Modellübersicht
- externes Literaturverzeichnis
- Yamaha XS650 Bedienungsanleitungen und technische Daten
- www.650wiki.org – Reparaturanleitung und technische Details für die Yamaha XS650, Englisch