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Aşkale ist eine Stadt im gleichnamigen Landkreis der türkischen Provinz Erzurum und gleichzeitig ein Stadtbezirk der 1993 geschaffenen Büyükşehir belediyesi Erzurum (Großstadtgemeinde/Metropolprovinz).
Geografie
Aşkale liegt im Westen der Provinz und grenzt an die Provinzen Bayburt und Erzincan.
Geschichte
Zwangsarbeiterlager Aşkale
Am 11. November 1942 wurde vom türkischen Parlament das Gesetz 4305 verabschiedet, mit dem die Varlık Vergisi eingeführt wurde, eine Vermögensteuer, die einem staatlich verordneten Raub des Vermögens nationaler Minderheiten – Armenier, Griechen und türkische Juden – gleichkam.
Gegen die durch das Gesetz eingeführte Steuer konnten die Betroffenen weder Einspruch noch Berufung einlegen. Sie waren verpflichtet, die verlangte Abgabe innerhalb einer Frist von nur 15 Tagen in bar zu entrichten. Nach Ablauf dieser Frist wurde das Vermögen derjenigen, die zur Zahlung nicht in der Lage waren, wegen Nichtzahlung beschlagnahmt und anschließend versteigert. Zusätzlich drohte denen, die nicht zahlen konnten, die Deportation in ein Arbeitslager. Unter Berufung auf Basak Ince heißt es bei Uzay Bulut, dass von 40.000 Steuerschuldnern etwa 5.000 in diese Lager geschickt worden seien. Sie alle waren Mitglieder nicht-muslimischer Gemeinschaften und mussten in den Lagern schwere körperliche Arbeiten verrichten. Die Regierung habe auch das Vermögen der nahen Verwandten der Steuerschuldner beschlagnahmt, selbst wenn diese in den Arbeitsdienst geschickt worden waren, und obwohl das Gesetz vorgesehen habe, dass Menschen über 55 vom Arbeitsdienst befreit seien, wären 75- und 80-jährige Männer und sogar Kranke auf den Bahnhof gezerrt und abgeschoben worden.
Es gab für all diese Menschen Lager in Kop Dağları, Karabik, Çiçekli und in Erzurum; das bekannteste aber befand sich in Aşkale, dessen Name nach Guttstadt als Synonym der durch die Vermögenssteuer veranlassten Zwangsarbeit gilt:
Am 8. August 1943 wurden ca. 900 der Internierten nach Sivrihisar verlegt, im Dezember erfolgte ihre Entlassung. Das Verlik-Vergisi-Gesetz wurde im März 1944 aufgehoben – nach Uzay Bulut nach Kritik und auf Druck von Großbritannien und den Vereinigten Staatent.
In ihrem 1996 entstandenen Film Cité de Para porträtierte die Filmemacherin Merlyn Solakham eine Istanbuler Griechin, die schilderte, wie ihr jüdischer Mann seine Steuer im November 1942 nicht bezahlen konnte und ins Arbeitslager nach Aşkale deportiert wurde. Dort musste er Zwangsarbeit im Eisenbahnbau leisten, konnte das Lager aber überleben.
Feiern zum Befreiungstag
Der Erste Weltkrieg in der Türkei bildete nicht nur den Rahmen für den Völkermord an den Armeniern, sondern auch für die Bemühungen um eine Demokratische Republik Armenien, für die vor allem die Armenische Revolutionäre Föderation kämpfte. Dass es dabei auch zu Übergriffen armenischer Freischärler auf Türken kam, ist unbestritten, doch werden deren Ausmaße in nationalistischen türkischen Kreisen nicht selten stark übertrieben. Der Politikwissenschaftler Rudolph Joseph Rummel schreibt dazu:
In Aşkale hat sich offenbar bis heute eine Tradition erhalten, die damaligen Ereignisse in besonderer Weise für nationalistische Geschichtsinterpretationen zu instrumentalisieren. So berichtete bereit im Juni 2008 Günter Seufert von den damaligen Befreiungsfeiern:
Seufert betonte zwar, dass viele türkische Städte jährlich ihrer "Befreiung" vor nun fast 90 Jahren im Rahmen des Unabhängigkeitskriegs gedenken würden, doch nicht überall werde ein so blutiges Geschichtstheater aufgeführt wie in Aşkale. Gemeinsam aber sei all diesen Feiern die Botschaft, dass der Feind noch heute lauere, „und immer ist auch eine der einheimischen christlichen Gemeinden, Armenier oder Griechen, Teil des Feindbilds“.
Acht Jahre später, 2016, zeigte sich, dass sich an der von Seufert beschriebenen Szenerie wenig geändert hat.
Die türkische Menschenrechtsorganisation (IHD) wollte wegen dieser Äußerung des Bürgermeisters Strafanzeigen stelle und wegen einer mit ähnlicher Stoßrichtung auch gegen den damaligen türkische Premierminister Ahmet Davutoğlu. Informationen über den Ausgang liegen nicht vor. Erkennbar aber ist, dass der türkische Kampf gegen die Minderheiten im eigenen Land, der heute zumeist in Verbindung gebracht wird mit der Verfolgung der Kurden in der Türkei, aus türkisch-nationalistischer Sicht erfolgreich geführt wurde. Seuferts Bilanz von 2008 belegt das eindrücklich.
Bevölkerung
Ende 2020 lag Aşkale mit 22.842 Einwohnern auf dem 11. Platz der bevölkerungsreichsten Landkreise in der Provinz Erzurum. Die Bevölkerungsdichte liegt mit 15 Einwohnern je Quadratkilometer unter dem Provinzdurchschnitt (30 Einwohner je km²). Der İlçe wird überwiegend von Türken bewohnt, daneben gibt es auch kurdische Aleviten.
Persönlichkeiten
- Adnan Polat (* 1953), Präsident bei Galatasaray Istanbul
- Arif Sağ (* 1945), Sänger und Politiker
Literatur
- Corry Guttstadt: Die Türkei, die Juden und der Holocaust, Assoziation A, Berlin 2008, ISBN 978-3-935936-49-1.
- Ali Sertpolat: Die Militärputsche in der Türkei und ihre Auswirkungen auf die Minderheitenpolitik, Dissertation an der Universität Duisburg-Essen, 2014.
- Rudolpf J. Rummel: Statistics on Democide. Genocide and Mass Murder since 1900, LIT, Münster 1998, ISBN 3-8258-4010-7. (Teilweise online auf Google-Books)
Weblinks
- Webseite bei Facebook
- Webseite bei Twitter
- Mahallelere Göre Erzurum Aşkale (Liste aller Stadtviertel ab 2013, mit Einwohnerzahlen u. Geschlecht)
- Aşkale Mahalleleri Nüfusu Erzurum (Liste aller Stadtviertel 2012–2019, mit Einwohnerzahlen)
- Günter Seufert: "Religiöse Minderheiten in der Türkei", Bundeszentrale für politische Bildung, 12. Juni 2008.
- Raffi Bedrosyan: The 1942 Wealth Tax Disaster of Turkey, The Armenian Mirror-Spectator, 14. November 2019.
- Harut Sassounian: Analysis: Turkey eliminated its minorities from the economy with exorbitant taxes, panorama.am, 15. Januar 2020 (Laut der Webseite handelt es sich vermutlich um einen aus dem The California Courier übernommenen Artikel.)
- Uzay Bulut: Jews in Turkey: Unending Discrimination, Gatestone Institute – International Policy Council, 7. Februar 2015.
- Uzay Bulut: On November 11, 1942, Turkey enacted the Wealth Tax Law targeting Armenians, Jews and Greeks to eliminate non-Muslims from the economy, Greek City Times, ohne Datum.
- Varlık Vergisi ve Aşkale’nin mimarları Nazilerden ders almış (Die Vermögenssteuer und die Architekten von Aşkale haben von den Nazis gelernt), Agos, 9. März 2012.
- Asbarez: Criminal complaints to be filed against Davutoglu and Askale Mayor, Armedia Media, 8. März 2016.