Serlin, auch Zerlin, war eine jüdische Augenärztin, die um 1428 bis 1431 in Frankfurt am Main tätig war.
Leben
Serlin werden zwei Einträge in den Bedebüchern für 1428 und 1431 zugeordnet (Andernacht Nr. 308). Wolfgang Treue wertet zudem das Protokoll einer Visitation des Judenviertels 1430 (Andernacht Nr. 344) und das Verbot von Geldgeschäften (Andernacht Nr. 371), wo jeweils von zwei Augenärzten (1430) bzw. Augenärztinnen (1431) die Rede ist, als Beleg dafür, dass Serlin und ihre Kollegin Gnenlin gleichzeitig in Frankfurt tätig waren. Andere jüdische Augenärzte oder Augenärztinnen aus dieser Zeit sind nicht bekannt. Im Protokoll der Visitation wurde der Eintrag später gestrichen und sie tauchen auch nicht in den Stättigkeitseinnahmen für 1430/31 (Andernacht Nr. 374) auf, was darauf hindeutet, dass Serlin und Gnenlin außerhalb des Judenviertels leben durften.
Spätere Eintragungen sind Serlin nicht eindeutig zuzuweisen, weshalb Wolfgang Treue davon ausgeht, dass sie die Stadt 1431 oder wenig später verlassen hat.
Hintergrund
Im Spätmittelalter sind in Frankfurt zahlreiche jüdische Ärzte nachweisbar, im späten 14. Jahrhundert sogar als Stadtphysicus. Serlin ist 1428 die erste gesicherte jüdische Ärztin, da bei den etwas früheren Eintragungen für Selekeid (1393) und Hebel (1397) davon ausgegangen wird, dass sie lediglich die Ehefrauen jüdischer Ärzte waren. Auch in anderen Städten des deutschsprachigen Raums konnten jüdische Ärztinnen damals praktizieren, etwa Sara in Würzburg.
Rezeption
Die ohnehin sehr karge Nachrichtenlage in den Originaldokumenten wird durch erhebliche Kriegsverluste zusätzlich erschwert. Die heutige Forschung ist teils auf die Berichte der Autoren des 19. und frühen 20. Jahrhunderts angewiesen, die hinsichtlich der beiden jüdischen Augenärztinnen Serlin und Gnenlin widersprüchlich sind. Serlin findet bereits 1868 bei Georg Ludwig Kriegk und 1886 bei Markus Horovitz Erwähnung, allerdings fehlt bei ihnen Gnenlin. Isidor Kracauer kennt 1927 hingegen nur Gnenlin und wundert sich über Zerlin bei Horovitz.
Shlomo Ettlinger nennt in seinem um 1955 abgeschlossenen Manuskript Serlin und Gnenlin, geht aber bei Gnenlin von der Ehefrau eines jüdischen Arztes aus. Erst Dietrich Andernacht 1996 und ihm folgend Wolfgang Treue führen Serlin und Gnenlin nicht nur als zwei eigenständige Personen, sondern beide auch als Augenärztinnen.
In der Encyclopaedia Judaica wird Serlin aus unerfindlichen Gründen Rebekah Zerlin genannt.
Literatur
- Shlomo Ettlinger: Ele Toldot. IV: Medizinisches. Ungedrucktes Manuskript. S. 211 f. (Digitalisat)
- Dietrich Andernacht: Regesten zur Geschichte der Juden in der Reichsstadt Frankfurt am Main von 1401–1519. (= Forschungen zur Geschichte der Juden. Bd. 1,1–4). 4 Bde. Hahn, Hannover 1996–2006.
- Wolfgang Treue: Lebensbedingungen jüdischer Ärzte in Frankfurt am Main während des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. In: Robert Jütte (Hrsg.): Medizin, Gesellschaft und Geschichte. Band 17. Franz Steiner, Stuttgart 1999. S. 9–56 (hier: 40 f.)