Musik aus Studio B war eine 45-minütige Show für deutsche Schlager des NDR im Ersten Fernsehprogramm. Die Sendereihe ist vorrangig mit den Namen Chris Howland, Moderation, und Sigmar Börner, Redaktion und Regie, verbunden und lief von 1961 bis 1976, gewöhnlich wochentags um 21:00 Uhr.

Ab 1980 gab es eine gleichnamige Hörfunksendung auf NDR 2, initiiert vom innovativen Unterhaltungschef Henri Regnier. In 69 Folgen bis August 1983 präsentierte das Team Howland/Börner Erinnerungen, Musikaufnahmen aus den Fernsehsendungen, die nie auf Platte erschienen waren, internationale Stars, Neuaufnahmen und fast immer einen Studiogast.

Chris Howland

Chris Howland machte Radiosendungen in Deutschland und Fernsehen für Granada Television in England. So ergab es sich, dass er am 5. Mai 1961 eine von insgesamt vier Vorentscheidungen der Deutschen Schlager-Festspiele 1961 für den NDR präsentierte. Diese Festspiele fanden in Baden-Baden statt, wobei die einzelnen Rundfunkanstalten Sänger entsandten, die mit einer Vorausscheidung ermittelt wurden. Die Präsentation kam so gut an, dass man Howland dann für eine neue Sendereihe auswählte, mit welcher der deutsche Schlager ins Fernsehen kommen sollte. Seine Hauptbeschäftigung für die folgenden neun Jahre wurde damit Musik aus Studio B.

Sigmar Börner

Sigmar Börner hatte seine Fernsehkarriere 1958 beim Sender Freies Berlin begonnen. Er wechselte 1961 zum NDR nach Hamburg und begann im selben Jahr mit Musik aus Studio B, für das er als Regisseur und Redakteur zwei bis drei Folgen produzieren sollte. Die große Popularität beim Publikum ließ neun Jahre daraus werden.

Namensgebung

Den Beteiligten fiel kein markanter Titel für die Sendung ein, so dass Chris Howland fragte, wo die Sendung denn stattfinde und daraufhin vorschlug, Studio B als Programmtitel zu wählen. Da man dem Titel aber entnehmen sollte, worum es in der Sendung ging, einigte man sich schließlich auf Musik aus Studio B. Die erste offiziell unter diesem Titel ausgestrahlte Folge lief dann am 22. Oktober 1961 über die Sender des Deutschen Fernsehens. Zuvor hatte der Norddeutsche Rundfunk, wie bereits erwähnt, am 5. Mai 1961 im selben Studio eine von vier Fernseh-Vorentscheidungen für die im gleichen Jahr erstmals stattfindenden Deutschen Schlager-Festspiele 1961 in Baden-Baden produziert.

Konzept

Da der deutsche Schlager im Radio zunehmend an Bedeutung gewann, befürchtete man beim Fernsehen, den Anschluss zu verlieren. Daraufhin wollten Alexis Neve und Harald Vock, die Leiter der Unterhaltung im NDR-Fernsehen, den Discjockey, wie er vom Radio bekannt war, ins Fernsehen bringen. Die Rezeptur der Zusammenstellung und die Gestaltung der Sendung übergab man Sigmar Börner. Neu an der Sendereihe war die enge Zusammenarbeit mit der privaten Schallplattenindustrie, was im Hinblick auf die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender als problematisch empfunden wurde, schließlich aber problemlos funktionierte.

Die Sendung lief live oder als Aufzeichnung und begann mit der Titelmelodie Melody Fair von Robert Farnon. Die auftretenden Interpreten sangen Playback, und zwar fast ausschließlich deutsch. Ausnahmen waren Sonny and Cher, The Lords, The Supremes, The Bee Gees, Golden Gate Quartett und Nancy Sinatra. Alle Interpreten trafen sich im Studio B.

Viele Künstler hatten dort ihre ersten Fernsehauftritte. Teilweise ließ sie Börner im Duett singen und erst danach wurden in dieser Kopplung erfolgreiche Schallplatten produziert, etwa bei Esther Ofarim und Abi Ofarim sowie bei Gitte Haenning und Rex Gildo.

Es gab das erste singende Hamburger Fernsehballett in der Choreographie von Anni Peterka, für das Hans Blum bekannte Hits neu arrangierte oder auch eigens dafür neue Musiktitel produzierte. Die Überleitungen brachte Howland in seiner unverwechselbaren Art und mit seiner markanten Stimme. Reiz der Sendung war auch die wohldosierte Mischung aus Improvisation und minutiöser Vorbereitung.

Musik aus Studio B war zunächst eine Sendung ohne Publikum. Die ersten Ausgaben kamen aus dem namensgebenden Studio B des NDR-Fernsehzentrums in Hamburg-Lokstedt. Dann ging man in ein Studio nach Hamburg-Wandsbek. Zur 32. Sendung, die live von der Funkausstellung 1965 vom Messegelände Killesberg in Stuttgart übertragen wurde, fand Musik aus Studio B erstmals als große Fernsehshow vor Publikum statt. Diese Variante behielt man bei: Musik aus Studio B wurde fortan, bis zum Februar 1974, im Großen Sendesaal des NDR-Funkhauses in Hannover produziert. Bis zur endgültigen Einstellung der Sendereihe im Jahr 1976 wurde Musik aus Studio B wieder als reine vorab aufgezeichnete Studioproduktion ohne Publikum aus den Studios des NDR-Fernsehzentrums in Hamburg-Lokstedt gesendet. Die 97. und zugleich letzte Ausgabe wurde am 20. September 1976 im Programm der ARD gezeigt.

Das Ausscheiden von Chris Howland

Je beliebter die Serie wurde (sie war in den Bewertungen von Infratest meist an Position 1 und in den 60er Jahren die populärste bundesdeutsche Schlagershow), desto größer wurden die Differenzen. Die Spannungen zwischen dem Redakteur und Regisseur Sigmar Börner und Howland auf der einen Seite und Vock mit den ihm nahestehenden Mitarbeitern auf der anderen Seite erreichten 1968 ihren Höhepunkt. Howland sah schließlich keine Möglichkeit mehr, auf lange Sicht eine fröhliche Sendung zu machen, und ließ seinen Vertrag auslaufen. Auch Unverständnis in der Presse und massive Publikumsproteste stimmten den Hauptabteilungsleiter nicht um. Howlands letzte Sendung lief mit der 59. Folge nach fast kompletten neun Jahren am 26. August 1969 über die Bildschirme.

Harald Vock, der damalige Leiter der NDR-Fernsehunterhaltung, veranlasste das Löschen sämtlicher Aufzeichnungen und damit eines Stücks Fernsehgeschichte. Übrig blieb nur die 50. Sendung vom 22. Januar 1968, die seiner Weisung folgend nicht wie üblich als Show, sondern als atypische Klamauk-Sendung besetzt werden musste. Außerdem strich er kurz vor Sendungsbeginn den aufklärenden Gag. Von den übrigen Ausgaben sind nur ganz wenige Ausschnitte erhalten, die für andere Sendungen kopiert wurden. Einige Original-38-cm/s-Musikbänder (von 1965/1966) lagern heute im Medienarchiv Bielefeld. Einige private Tonbandmitschnitte stellte Sigmar Börner dem WDR zur Verfügung (Quelle: „WDR 4 Schallplattenbar“ vom 11. August 2013, wo einige Aufnahmen gesendet wurden).

Neubeginn

Die hohe Popularität der Fernsehreihe zwang jedoch die Verantwortlichen, die Sendung bereits am 2. September 1969 mit der 60. Folge von der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Stuttgart fortzusetzen, zunächst mit Peter Fröhlich als Moderator. Nach fünf Folgen gab es jedoch die Trennung von ihm und dem bisherigen Macher von Studio B, Sigmar Börner. Jetzt bot der NDR Henning Venske die Sendung an, der sie erstmals am 18. Oktober 1971 präsentierte. Nachdem er in einem Interview mit dem ZDF gesagt hatte, es sei eine Sendung für Blöde, endete seine Zeit nach drei Jahren mit der 86. Ausgabe vom 23. Dezember 1974.

Fortan kam es zu einer wechselnden Moderation, unter anderem von Lisa Fitz, der Französin France Brifaut, Hanni Vanhaiden und Katja Ebstein. Bis zur allerletzten Sendung am 20. September 1976 waren allerdings die Einschaltquoten Jahr für Jahr gesunken, weshalb die Sendereihe danach, von der breiten Öffentlichkeit fast unbemerkt, eingestellt wurde.

Als Nachfolgesendung ging am 15. November 1976 MOT (Music On Top) an den Start, die allerdings nach insgesamt elf Sendungen bereits wieder eingestellt wurde, weil der ARD damals die nur noch acht Millionen Schlagerfreunde zu wenig waren.

Liste der ARD-Ausstrahlungen

Im Archiv des Norddeutschen Rundfunks (NDR) in Hamburg sind, laut Auskunft des dortigen Archivservice (Informationsstand 2014), nur noch 19 der ursprünglich insgesamt 97 produzierten Folgen der Sendereihe „Musik aus Studio B“ überliefert. Es handelt sich dabei um die Mitschnitte der Folgen 50, 60, 65, 80 bis 85, 87 bis 95 und 97. Das MAZ-Material von Folge 86 ist im Archiv ebenfalls noch vorhanden. Es weist aber durchgehend gravierende Bild- und Tonmängel auf, so dass es leider nicht mehr sendefähig ist oder umkopiert werden kann.

Literatur

  • Chris Howland: Yes, Sir!: Aus dem Blickwinkel eines englischen Gastarbeiters. Kindler-Verlag, Reinbek bei Hamburg 2009, ISBN 978-3-463-40565-0.

Weblinks

  • Musik aus Studio B bei IMDb
  • TV-Legenden über „Musik aus Studio B“

Einzelnachweise


Studio B » MW Design + Illustration

Musik aus Studio B startet im Ersten, 22.10.1961 schmusa.de

Studio B elysia

The Studio B Music & Sound Design

Sobre o Studio B Music Studio B Music